Allgemeine Beschreibung
Die Birnensorte „Gute Graue“ ist vor über 300 Jahren in Frankreich entstanden und Anfang des 19. Jhdt. von Paris aus, in Europa verbreitet worden. Der oberösterreichische Pomologe Dr. Georg Liegel, hat die Sorte um 1815 aus Deutschland erhalten und in seiner Baumschule in Braunau am Inn vermehrt. Von dort aus fand die „Gute Graue“ Verbreitung in der ganzen österreich-ungarischen Monarchie. Trotz der vielen Konkurrenzsorten, konnte sich diese wohlschmeckende Tafelbirne bis Ende des 19. Jhdt. gut behaupten. Erst in der Zwischenkriegszeit begann die „Gute Graue“ an Bedeutung zu verlieren und verschwand ab 1970 fast gänzlich aus den Katalogen der österreichischen Baumschulen. Der Grund lag wohl in der schwindenden Nachfrage nach Obstbäumen und der damit verbundenen Verringerung des Sortenangebots seitens der Baumschulen. Die Kleinfrüchtigkeit und kurze Lagerfähigkeit dürfte ein weiterer Grund dafür sein, dass diese Sorte mittlerweile schon recht selten in den Haus- und Streuobstgärten anzutreffen ist.
In Anbetracht des generell zunehmenden Verlustes der Vielfalt an Obstsorten und der Tatsache, dass diese Birnensorte über hervorragende Eigenschaften verfügt, scheint es mehr als geboten, jetzt Aktivitäten zu ihrer Erhaltung zu setzen.
Die „Gute Graue“ ist eine Herbstsorte, die Bäume sind hinsichtlich Boden und Klima anspruchslos, gering anfällig für Krankheiten und Schädlinge, frosttolerant und auch für höhere Lagen sehr gut geeignet. Die Früchte sind auf Grund des ausgezeichneten Geschmacks universell verwendbar, sowohl für den Frischverzehr als auch für die Herstellung von Saft, Marmeladen und Edelbränden. Bereits in den frühen Sortenbeschreibungen wurde die besondere Eignung als Dörrbirne gelobt, dem sollte auch zukünftig wieder mehr Bedeutung beigemessen werden. Alles in allem eine sehr empfehlenswerte Sorte für Hausgärten und den Streuobstbau.
Pomologische Beschreibung „Gute Graue“
(Dr. Siegfried Bernkopf)
Fruchtmuster: ca. 110-jähriger Hochstamm, OÖ
Synonyme, Herkunft, Verbreitung: „Grise bonne“, „Graue Sommerbutterbirne“, „Graubirne“,“ „Poire de Foret“; wahrscheinlich Frankreich vor 1700; in Österreich früher weit verbreitet, jetzt schon selten
Frucht
Größe: klein; 56 bis 67 mm hoch, 47 bis 55 mm breit, 61 bis 84 g schwer
Form: kegelförmig, kelchbauchig, stielwärts teils stärker verjüngt, gleichhälftig; Querschnitt rund; Relief glatt
Schale: feinrau, mitteldick, mittelzäh, gering duftend; Grundfarbe grün; Deckfarbe meist fehlend, braunrot, verwaschen, Deckungsgrad 0-30%; Lentizellen zahlreich, groß, hellgrau, stark auffällig; Berostung stark, flächig, punktförmig, kleinfleckig, netzartig, graubraun
Stiel: Stielbucht fehlend; mittellang bis lang, mitteldick, holzig, graubraun, teils grünlich; aufsitzend, oft mit seitlicher Wulst
Kelch: Kelchbucht teils fehlend, flach, eng; flächig bis punktförmig graubraun berostet; Rand glatt; Kelch: groß, offen; Blättchen aufliegend, groß, lang, an der Basis vereint, hellgraubraun Kelchhöhle: mittelgroß, kegel- bis schüsselförmig;
Kerngehäuse: groß, kelch- bis mittelständig; Achse minimal hohl; Kammern klein, geschlossen; wenige Kerne, klein, länglich, lang zugespitzt, schwarz, schlecht ausgebildet
Fleisch: hellgelblichweiß, mittelfest, vollreif halbschmelzend bis schmelzend, bald teigig werdend, saftig; säuerlich-süß, gering bis mittelstark zimtartig gewürzt; 60-70°Oechsle (12,6-14,7°KMW)
Erntereife: Mitte August bis Anfang September; Genussreife: maximal 2 Wochen haltbar
Verwendung: Tafelobst u. Verarbeitung (Küche, Dörren, Schnaps)
Sonstige Eigenschaften: sehr robust und anspruchslos, auch für höhere und raue Lagen geeignet
Literatur
Lucas, Oberdieck: Illustriertes Handbuch der Obstkunde, Stuttgart 1859-1875
Ohne Autor: Farbtafeln aus der Beilage der Illustrierten Wochenzeitung Nach der Arbeit
Bernkopf S., Keppel, H., Novak, R.: Neue Alte Obstsorten, 6.Aufl., St. Pölten 2013