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Grüne Winawitzbirne - Streuobstsorte des Jahres 2014

Streuobstsorte des Jahres

5. Januar 2014

Allgemeine Beschreibung

Wann und wo diese heute vor allem in Oberösterreich sehr weit verbreitete Sorte entstanden ist, konnte trotz intensiver Recherchen bis jetzt nicht eruiert werden. An Hand von um 1950 gefällten Bäumen kann geschlossen werden, dass es diese Sorte bereits um 1800 gegeben haben muss. 

Der oberösterreichische Pomologe Josef Schmidberger hat 1824 eine „Grüne Binnewitzbirne“ kurz beschrieben, die aber nicht identisch sein dürfte. Josef Runkel, Pomologe und Stiftsgärtner in Kremsmünster, führte 1867 in seinem Baumschulkatalog die Sorte „Winowizbirn“. Er hat diese Sorte durch Edelreiserabgabe nachweislich in Österreich verbreitet. Aufzeichnungen des niederösterreichischen Pomologen Wilhelm Schleicher, der am Weyerhof zu Gresten eine Mostbirnenversuchsstation betrieb, bestätigen dies. 

1887 tauchte erstmals die Bezeichnung „Grüne Winawitzbirne“ auf. „Grüne“ deshalb, weil es primär in Niederösterreich auch eine „Rote Winawitzbirne“ gab und gibt, die allerdings in den Baum- und Fruchtmerkmalen mit der „Grünen Winawitzbirne“ absolut nichts gemeinsam hat. Die in französischen Obstgenbanken erhaltene, angeblich aus Oberösterreich stammende Sorte „Verte de Winawitz“ („Grüne von Winawitz“) wurde 2016 bei der EUROPOM in Luxemburg vom Autor näher geprüft und als nicht identisch eingestuft. 

Bäume der „Grünen Winawitzbirne“ sind heute ein sehr häufig anzutreffender Bestandteil der heimischen Streuobstbestände und dies aus gutem Grund. Die starkwüchsigen, pyramidal geformten und mit charakteristisch hellgrünem Laub behangenen Bäume tragen nahezu jedes Jahr eine enorme Menge an Früchten. Vollreife Früchte weisen besondere Eigenschaften auf: milde Säure, zufriedenstellende Zuckerwerte (inklusive D-Sorbit), moderate Gehalte an Polyphenolen (Gerbstoffen) und vor allem das mittelstarke sortentypische Aroma, das sich in besonderer Weise in den sortenreinen Säften, Mosten und Destillaten manifestiert. Das beeindruckende Ertragsverhalten und die besondere Fruchtqualität sind Gründe dafür, dass diese Sorte trotz mittelstarker Feuerbrandanfälligkeit nach wie vor in Ober- und Niederösterreich vermehrt ausgepflanzt wird. 

 

Pomologische Beschreibung „Grüne Winawitzbirne“

Sortenbeschreibung und Fotos: Dr. Siegfried Bernkopf

 

Synonyme, Herkunft, Verbreitung: Innerwitzbirne, Binnewitzbirne; Herkunft unbekannt; Entstehung vor 1800; stark verbreitet, vor allem in Oberösterreich

 

Frucht

Größe: klein; 55-65 hoch, 45-55mm breit, 60-97g schwer

Form: fassförmig, mittelbauchig, teils gering ungleichhälftig; Querschnitt unregelmäßig rund; Relief glatt 

Schale: glatt, matt glänzend, teils trocken; Grundfarbe gelblichgrün, bald grünlichgelb; Deckfarbe oft fehlend, orange bis orangerot, verwaschen, Deckungsgrad 0-40%; Lentizellen zahlreich, klein, hellgrau, grün bis gelborange umhoft, auffällig

Stielbucht: flach, eng, teils fehlend; Rand glatt

Stiel: mittellang, 18-41mm, mitteldick, holzig, hellgrün, teils hellbraun

Stielsitz: in Stielbucht eingesteckt, teils aufsitzend

Kelchbucht: flach, mittelbreit, teils fehlend; teils flächig graubraun berostet; Rand meist glatt

Kelch: groß, offen; Blättchen aufliegend, grau, an der Basis vereint

Kelchhöhle: klein, schüsselförmig

Kerngehäuse: mittelgroß, mittelständig; Achse meist geschlossen; Kammern mittelgroß, geschlossen; viele Kerne, mittelgroß, länglich, schwarz, gut ausgebildet Steinkranz im Fruchtlängsschnitt: spindelförmig, mittelbreit, eher grob granuliert

Fleisch: gelblichweiß, fest, grobzellig, sehr saftig; herbsäuerlichsüß, mittelstark gewürzt; 54-69° Oechsle (11,1-14,2 °KMW)

Erntereife: Ende September bis Anfang Oktober

 

Literatur

Bernkopf, S.: Von Rosenäpfeln und Landlbirnen, Trauner Verlag, Linz 2011

Löschnig et al.: Die Mostbirnen, Verlag Friedrich Sperl. Wien 1913

Schleicher, W.: Über Mostbirnsorten und deren versuchsweise Anpflanzung, Der praktische Obstzüchter, 79-82, Wien 1887

Schmidberger, J.: Leichtfaßlicher Unterricht von der Erziehung der Obstbäume, Verlag Haslinger, Linz 1824

Schmidthaler, M.: Die Mostbirnen, Verein „Neue alte Obstsorten, Amstetten 2001

 

Folder mit pomologischer Beschreibung zum Download 

 


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