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Anna Späth - Streuobstsorte des Jahres 2015

Streuobstsorte des Jahres

6. Januar 2015

Allgemeine Beschreibung

Streuobstbestände sind vielfältige und unersetzliche Lebensräume in unserer Kulturlandschaft. In den Streuobstgärten wird die traditionelle Obstsortenvielfalt erhalten und sie liefern wertvolles Tafel- und Verarbeitungsobst. Im Herbst kommen unter anderem Zwetschkenfleck und Zwetschkenröster auf den Tisch und Powidl wird eingekocht. Die wichtigste Zutat fürs Gelingen sind wohlschmeckende Früchte, wie jene der seltenen Zwetschkensorte Anna Späth.

Die Sorte Anna Späth hat ihren Ursprung in Ungarn. Franz Späth, ein Baumschulbesitzer aus Berlin, erkannte ihren hohen kulinarischen Wert und nahm sie in die Vermehrung. Er taufte sie nach seiner Urgroßmutter Anna, die Besitzerin der Baumschule von 1782-92 war, und verkaufte ab 1874 Bäume der Sorte. So kam Anna Späth auf den Umweg über Berlin auch nach Österreich.

Anna Späth ist eine ausgesprochen wohlschmeckende, große Zwetschke die gleichzeitig mit der bekannten und verbreiteten Hauszwetschke reift. Im Zusammenfallen der Erntezeit beider Sorten dürfte auch ein Grund liegen, warum Anna Späth heute sehr selten ist. Baumschulen boten offenbar die Hauszwetschke bevorzugt an, und Anna Späth hatte das Nachsehen. Heute könnte eine Eigenschaft Anna Späth zu einer Renaissance verhelfen: Sie ist tolerant gegenüber dem Scharka-Virus. Die Virus-Krankheit kann anfällige Zwetschken- und Pflaumensorten schwer schädigen und die Ernte vernichten. Anna Späth erwies sich als besonders robust gegen Scharka-Befall.

In alten Sorten können Eigenschaften schlummern, die erst Jahre später als wertvoll erkannt werden. Scharka war zur Zeit der Einführung von Anna Späth um 1900, noch kein Problem. Heute hingegen werden widerstandfähige Sorten gesucht und in der Züchtung verwendet.

Text: Siegfried Bernkopf, Bernd Kajtna & Christian Holler; Fotos: Siegfried Bernkopf

 

Pomologische Beschreibung „Anna Späth“

(Dr. Siegfried Bernkopf)

 

Frucht

Fruchtmuster: ca. 10-jähriger Halbstamm auf St. Julien A, Ort im Innkreis

Größe: groß, 43-48 mm hoch, 41-48 mm breit, 38-46 mm dick; 41-60 g schwer

Form: kugelig bis breit oval, mittelbauchig, stiel- und stempelseitig abgeflacht, meist gleichhälftig; Querschnitt breit oval bis rundlich; Stempelpunkt klein, flach, hellbraun, am Rande eines flachen Grübchens aufsitzend; Bauchfurche sehr flach

Fruchthaut: glatt, matt glänzend, dünn hellblau bereift, dünn bis mitteldick, etwas zäh, gering duftend, schwach säuerlich; Farbe dunkelpurpurrot bis schwarzblau, teils auch mit Brauntönen; Lentizellen sehr zahlreich und sortentypisch, mittelgroß, hellbraun, stark auffällig; Berostung fehlend oder gering, kleinfleckig bis punktförmig

Fruchtfleisch: hellgrünlichgelb bis hellgelb bzw. gelborange, heller geädert, mittelfest, sehr saftig, angenehm säuerlich-süss, mittelstark gewürzt; 85-92 °OE (17-18 °KMW); schlecht steinlösend

Stielgrube: eng, flach

Stiel: kurz bis mittellang (13-22 mm), mitteldick bis dünn, hellgrünlich, oft bräunlich gefleckt, holzig erntereife: Mitte bis Ende September, teils bis Anfang Oktober

Lagerfähigkeit: im Kühlschrank einige Tage 

Verwendung: ausgezeichnet für Tafel und Küche

 

Baum

Wuchs: stark, breit- bis später hochkronig mit steilen Leitästen

Krankheitsanfälligkeit: gering, scharkatolerant

 

Literatur

Oberdieck, C.: Anna Späth, Wiener Illustrierte Gartenzeitung, S. 9 : Wien 1879

Lauche, W. : Anna Späth, Ill. Handbuch der Obstkunde, Ergänzungsband, S.609-610: Berlin 1883

Bernkopf S., Keppel,H., Novak,R.: Neue Alte Obstsorten, 6.Auflage, S.370-371, St. Pölten 2013

 

Folder mit pomologischer Beschreibung zum Download


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